Business-Romantik auf dem Fifteen Seconds Festival
Tim Leberecht war einer der Keynote-Speakers auf der Grazer Konferenz
Die Marketing Rockstars sind tot. Bei der dritten Auflage ihrer zweitägigen Konferenz in Graz entschieden sich die Veranstalter für einen neuen Namen: „Fifteen Seconds“ – eine Anspielung auf die schnellen Entscheidungen, die die Gründer Stefan Stücklschweiger und Thiemo Gillissen treffen. Der Grund für den neuen Namen war eine Neuausrichtung auf breitere Themen: Weniger Marketing, stattdessen mehr Business, Innovation und Lifestyle sollten im Fokus des Events, das diesen Donnerstag und Freitag stattfindet, stehen. Trotzdem war die Frage, wie Produkte an Kunden verkauft werden können, nach wie vor zentral.
Nachhaltige Getränke und bessere Daten für TV-Werbung
„Green is the new green“, nannte Heinekens Global Director für Sustainability, Michael Dickstein, seinen Eröffnungsvortrag. Der Getränkekonzern hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 seinen CO2-Ausstoß um 60 Prozent verringern und 60 Prozent der Rohstoffe lokal einzukaufen. Seine Nachhaltigkeitsziele setzt Heineken für jede Marke individuell um. Als Vorzeigebeispiel sprach Dickstein über die steirische Gösser-Brauerei, die CO2-neutral arbeitet.
Shazam-Gründer Philip Inghelbrecht stellte bei seiner Keynote über die Zukunft der Fernsehwerbung sein neuestes Unternehmen vor: Tatari.tv ist eine Plattform, die die Wirkung von TV-Werbung neu, d.h. detaillierter als je zuvor messen und den langfristigen „Brand Effect“ auswerten soll. Bei Shazam hat Inghelbrecht bereits an der Verknüpfung von Werbespots mit digitalen Kanälen gearbeitet, bisher allerdings mit nur mäßigem Erfolg. „TV ist nicht mehr nur ein Privileg von großen Werbetreibenden und jetzt schon phänomenal interaktiv“, sagt Inghelbrecht. Dass der Umstieg von Kabelfernsehen auf Streaming-Dienste die TV-Werbung bedrohe, glaubt er nicht: „Sie wird dadurch noch mehr wachsen.“
Kunden richtig leiden lassen
Der im Silicon Valley lebende Autor Tim Leberecht sprach auf der „Fifteen Seconds”-Bühne über seinen Bestseller „Business Romantiker“ und forderte dabei das Publikum auf, die Kunden mehr leiden zu lassen: „Frustriert die Kunden, lasst sie warten, lasst sie wissen, was sie noch nicht haben können. So entsteht das Verlangen.“ In einer Zeit, in der künstliche Intelligenz auf dem Vormarsch ist, seien menschliche Emotionen wichtiger denn je. „Mehr Romantik ist gut für Innovation. Löst nicht nur die Probleme der Kunden, sondern lasst sie sich auch verlieben”, lautet Leberechts Empfehlung.
Den absatzorientierten Vorträgen des ersten Vormittags entgegnete der buddhistische Mönch Gelong Thubten am Donnerstagnachmittag mit seiner Einführung in Meditation und „Mindfulness“, der Achtsamkeit im Alltag. Die Konferenzbesucher wollten von dem Mönch vor allem wissen, wie sie im Beruf bewusster und gelassener auftreten können. „Die Kollegen werden nicht plötzlich zu meditieren beginnen, aber fangt langsam damit an, Ruhe zu finden”, rät Thubten. Wer sich regelmäßig kleine Pausen nimmt, werde nicht auf einmal von Stress überrollt, so der Buddhist. Von Meditations-Apps hält er übrigens wenig: „Sie sind gut, um Meditieren zu lernen, aber langfristig solltet ihr das auch ohne App schaffen.“
Lifestyle und Innovation abseits der Bühnen
Ähnlich spirituell sprach Rennpilot Hannes Arch über seine Arbeit für Red Bull. Der einstige Champion des Red Bull Air Race erklärte, wie er seine Erfahrungen im Extremsport bei seinen Marketing-Aktivitäten für die Lifestyle-Marke einsetzt: „Beim Klettern braucht man Respekt und Vertrauen in seine Partner. Und genau das braucht man auch bei Partnern im Marketing. Außerdem muss man auf Unerwartetes eingestellt sein.“ Natural Leadership nennt Arch seinen Ansatz.
Dass es beim „Fifteen Seconds Festival” mit fünf verschiedenen Bühnen doch nicht nur um Marketing geht, zeigt sich schließlich am Veranstaltungsort selbst. In den Hallen bieten nicht nur Digital-Agenturen und Medien ihre Produkte an, sondern auch regionale und nachhaltige Produzenten. So gibt es vegane Bekleidung, Naturkosmetik, steirischen Wein und junge Kunstwerke zu kaufen. Für Startups hat “Fifteen Seconds” einen eigenen Bereich mit Pitch-Möglichkeiten eingerichtet. Die Veranstalter erwarten 3.000 Besucher an beiden Tagen, die neben Wissen und Marketing-Tools auch Inspiration mitnehmen sollen.