Wir brauchen mehr Romantik
Was hat Romantik mit Wirtschaft zu tun? Der Autor Tim Leberecht hat das bei einem Vortrag auf der Konferenz der Online-Marketing-Rockstars eindrücklich demonstriert.
von Philipp Dudek
Was hat Romantik mit Wirtschaft zu tun? Der Autor Tim Leberecht hat das bei einem Vortrag auf der Konferenz der Online-Marketing-Rockstars eindrücklich demonstriert.
Den wichtigsten Satz hat Tim Leberecht mitten in seinem Vortrag gesagt. „Die Leute sehnen sich nach persönlichen, nicht nach personalisierten Services.“ Leberecht ist zwar Deutscher, lebt und arbeitet seit mehr als zehn Jahren in San Francisco. Unter anderem als Mitglied des Weltwirtschaftsforums – und als Autor. In dieser Eigenschaft hat er Anfang des Jahres ein Buch veröffentlicht., „Business-Romantiker: Von der Sehnsucht nach einem anderen Wirtschaftsleben“. Und in dieser Eigenschaft hat er vergangene Woche auf der Konferenz der Online Marketing Rockstars (OMR) in Hamburg einen Vortrag gehalten, in dem eben dieser Satz fiel.
Lebrecht ist auch Gründer der Business Romantic Society. Der was? Der Business Romantic Society. Eine Mischung aus PR-Gag, Geheimbund, und Verein von Geschäftsleuten mit echtem Willen zur Veränderung.
„Das Spannende liegt für mich darin, die Romantik als wirtschaftliche Notwendigkeit zu begreifen, denn ohne Aura, ohne Mysterium, ohne unbedingte Emotionalität und ohne Transzendenz verkommt eine Marke, ein Unternehmen irgendwann zum Automatismus – und der lässt sich leicht kopieren und gegebenenfalls gegenüber Wettbewerbern optimieren“, sagt Leberecht an anderer Stelle. Bei der OMR-Konferenz in Hamburg stellte er dann auch die neun Regeln der Business-Romantiker vor (kann man auch hier nachlesen).
Letztendlich geht es Leberecht um ein soziales, emotionales und kreatives Miteinander. Und um die Frage warum wir ausgerechnet in der Wirtschaft darauf verzichten sollten? Leberecht untermauerte das noch mit einem Zitat der US-amerikanischen Schriftstellerin Maya Angelou: „I’ve learned that people will forget what you said, people will forget what you did, but people will never forget how you made them feel.”
Fühlen und Persönlichkeit also. Es macht einen Unterschied ob Sie von einem Freund eine neue Band empfohlen bekommen (persönlich) oder bei Spotify in der Filter-Blase festhängen (personalisiert), ob sie sich mit Geschäftspartnern zum Essen treffen (persönlich) oder Aufträge über Salesforce managen (personalisiert), ob Sie von einem Expedienten beraten werden (persönlich) oder von Expedia Hotelempfehlung angezeigt bekommen (personalisiert). Das lässt sich natürlich auch ins technische Übertragen mehr„Mission Control“, weniger DB Navigator, mehr Airbnb , weniger Uber.
Selbst die Partycrowd der OMR-Konferenz hat Tim Leberecht mit seinem Vortrag hörbar berührt. Im Saal war es 30 Minuten lang mucksmäuschenstill.
Dieser Artikel erschien auf dem fvW Blog.